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Zuckerrübenmord - Leseprobe 3

Zuckerrübenmord - Leseprobe 3

 

Minister

Der Minister reagiert sich am Telefon ab.

»Ich habe da mal Erkundigungen eingeholt, über diesen Prof. Dr. Habermüller«, fährt er laut fort, »ein Frauenheld war das. Der hat keine ausgelassen, die ihm nur tief in die Augen geblickt hat. Warum wissen Sie so etwas nicht? Und seine Arbeit hat er vernachlässigt! Einfach falsche Entscheidungen getroffen. Suchen Sie im Rotlichtmilieu, suchen Sie bei seinen Weibergeschichten. Ich werde nicht mehr länger warten. Und auf Ihren Posten warten schon genug andere!«

Mit diesen Worten knallt er den Hörer hin.

Auf deinen auch, sagt Ruschka lächelnd zu sich.

 

Da der Professor bei der Behörde schon immer als korrekt, kompetent und gewissenhaft galt, vor allem aber als unbeeinflussbar, wurde er für die Interessen der Politik immer unangenehmer. Klar, er war Beamter einer EU-Behörde und somit der Landespolitik entzogen, sollte man denken. Die Politik aber musste natürlich ihre Wahlkampfversprechen, vor allem den Bauern gegenüber, zumindest teilweise umsetzen. Jedenfalls sollte es so aussehen, als ob sie das versuchte. Natürlich war man bis hin nach Berlin und Brüssel gut vernetzt, da saßen viele gute Parteifreunde. Ein Bayerischer Minister ohne Einfluss in Berlin und Brüssel? Nicht vorstellbar. 

Aber in der Behörde selbst hatte er keine Weisungsbefugnis. Das musste immer auf Umwegen geschehen. Der Minister hatte es daher durchsetzen können, dass eine gewisse Frau Müller-Noffke einen nicht unwichtigen Posten in der Behörde in Nürnberg bekam. Sie war zuvor im Ministerium in München eingesetzt und war ihm wegen ihrer Loyalität zur Parteilinie schon länger aufgefallen.

Der Minister hatte immer mal wieder versucht, Entscheidungen des Professors zu beeinflussen. Besser gesagt, er hatte versucht ihm unterschwellig nahezulegen, welche Antragsteller in Bayern wichtig waren. Das waren natürlich nur die, die ihn im Wahlkampf kräftig unterstützten. Ob da vielleicht ab und zu ein klitzekleiner Geldbetrag für die Tasche des Ministers eine Rolle spielte, wird man sicher nie genau sagen können.

Wenn er wieder mal auf einen Kandidaten aufmerksam machen wollte, hatte der Professor stets die gleiche Antwort.

»Aber sicher, Herr Minister. Wenn die Papiere in Ordnung sind und alle Nachweise lückenlos vorliegen, wird es mir ein Vergnügen sein, den betreffenden Antragsteller positiv zu bescheiden! Ich gehe doch davon aus, dass die Papiere vollständig und in Ordnung sind.«

Danach setzte der Minister regelmäßig sein eisiges Lächeln auf und verabschiedete sich.

Das Verhalten von Habermüller missfiel ihm zunehmend. Der wollte einfach vor der Politik nicht in die Knie gehen. Nicht einmal der kleine Hinweis, dass es sicher nicht der Schaden des Professors sei, wenn seine Entscheidung »korrekt« ausfallen würde, konnte diesen beeindrucken. Prof. Habermüller besaß eben einen festen Charakter. Und so einen konnte der Minister nicht gebrauchen. Deswegen sollte die Müller-Noffke dem Professor auf die Finger schauen. Was aus einer anderen Abteilung heraus gar nicht so einfach war. Aber der Minister war ja gut vernetzt.

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