Mord in der Harrer-Klinik - Leseprobe 3
Mit vorgehaltenen Waffen tasten sie sich in die engen Gänge, die im Mittelalter mühsam in den Buntsandstein unter das Burgviertel getrieben wurden. Sie dienten als Kühlräume für das Bier, aber auch als Vorratsspeicher. Ein wahrer Irrgarten. Jeder Schritt hallt etwas nach, sodass sie nicht hören können, ob er sich weiter vorne hinter all den Biegungen und Abzweigungen bewegt. Manchmal werden die Gänge breiter, aber es gibt unzählige Nischen und Winkel, in denen er mit gezogener Waffe warten könnte. Er muss nur warten und auf die Geräusche der Verfolger achten. Unvermittelt könnte er das Feuer auf die nahezu schutzlosen Polizisten eröffnen. Ilse hat immerhin Wolffs Schutzweste genommen. Sie kommen nur langsam voran, weil sie alle diese Verstecke erst kontrollieren müssen, bevor sie weitergehen können.
»Hier unten«, flüstert Ilse, »Blut! Jedenfalls ist er wirklich hier drin. Der hat schon geblutet, als er von Wolff weglief.«
»Dort, es ist eine Blutspur, Ilse«, Herbert deutet nach links in einen abzweigenden Gang, »einfach folgen.«
Plötzlich ist etwa 15 Meter weiter vorne ein Geräusch zu hören, aber nur, weil alle gerade stillstehen. Ein Schatten huscht von rechts nach links in die nächste Abzweigung. Einer der SEK Leute ist nervös und gibt einen Schuss ab. Ein ohrenbetäubender Lärm ist die Folge, weil sich der Knall in den Steingängen verstärkt und immer und immer widerhallt.
»Sind Sie wahnsinnig, Kollege, wollen Sie uns alle taub machen?«
Herbert ist sauer. Sie folgen der Blutspur und hören wieder Geräusche vor sich.
»Musst ganz schön getroffen haben, Kollegin, wenn der die Blutung nicht stillen kann«, flüstert Herbert Ilse ins Ohr. Ilse zwinkert ihm zu.
Die Wände der Gänge werden langsam feucht und dann nass. Ein Zeichen, dass sie in die Kasematten gelangt sind, die in grauer Vorzeit zum Wasserversorgungssystem der Stadt gehörten.
Durch den mittlerweile nassen Boden verteilt sich das Blut und sie können besser folgen. Gut, dass sie den Hausmeister gleich gefunden haben, der das Licht anschaltete. Es ist zwar immer noch ziemlich düster, aber besser, als wenn sie auf Taschenlampen angewiesen wären. Aber auch besser für des Phantom!
Plötzlich kommen laute Geräusche vor ihnen aus einem Seitengang, wie Fußtritte gegen eine schwere Tür. Dann hören sie, wie Holz birst. Ilse und Herbert lassen die Übrigen stehen und dringen jetzt schneller vor, sind aber immer noch vorsichtig genug und halten ihre Waffen in Anschlag. Sie kommen an den Ausgang, der gerade aufgebrochen wurde. Er war nur durch Bretter versperrt. Dann Schreie von draußen, zwei Schüsse kurz nacheinander, gefolgt von einem langen, markerschütternden Schrei.
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