Blutwirtschaft - Leseprobe
Hans Gerber hatte ein Talent von seinem Vater geerbt. Er konnte Menschen bequatschen und überzeugen. Er konnte sie begeistern, auch wenn die Erfolgsaussichten für einen Deal nicht sehr groß waren und eigentlich immer nur er selbst profitierte. Als in Bayern eine bekannte Österreichische Bank gekauft wurde, das war sein letzter großer Deal, überredete er eine Hand voll kleinerer Unternehmer in das Geschäft einzusteigen. Bevor der Kauf an der großen Glocke war. Das war eines seiner weiteren Talente, Dinge zu wissen, die andere noch nicht wussten. Dazu war er natürlich auch gut vernetzt, vor allem in der Politik, wie schon sein Vater vor ihm. Er überzeugte also die geldgierigen Kumpels, ihr Schwarzgeld über seine Auslandskonten zu waschen und dann in Anteile der Bank zu investieren. Er versprach ihnen mindestens 15 Prozent Rendite in kürzester Zeit. Und sie gaben ihm ihr Geld. Er zahlte es bar in Liechtenstein auf das Konto eines Strohmannes ein. Vertraulich, natürlich. Der Strohmann war ein längst verstorbener Bergbauer aus dem Montafon. Irgendwie hatte es Gerber geschafft, ihn noch »am Leben« zu halten. Von dort wurde es auf die Kanalinseln transferiert. Mit einem kleinen Umweg über Luxemburg. Jetzt war das Geld plötzlich auf einem Konto von Gerber. 2,5 Millionen Euro. Eine Immobilienholding in der Schweiz, die Real Estate Group AG in Luzern, deren Anteile Gerber über Treuhandverträge zu 100 Prozent hielt, ohne dass sein Name in Erscheinung trat, stellte ihm schließlich für seine Grund & Boden GmbH in München ein Beratungshonorar in Höhe des Millionenbetrages in Rechnung. Für Leistungen, die nie erbracht wurden. Von einer Firma, die nur einen Briefkasten besaß. Das Honorar wurde pünktlich von dem Konto auf Jersey bezahlt. Jetzt war es gut gereinigt in der Schweiz angelangt und wurde sofort in Anteile der fragwürdigen Österreichischen Bank gesteckt.
Nachdem dann der Verkauf der Bank aus dem Sack war, stiegen die Anteile um 40 Prozent. Der Erwerber musste Gerber die Anteile abkaufen und der hatte innerhalb von sechs Monaten 3,5 Millionen auf dem Konto. Was er seinen »Freunden« so aber nicht sagte. Vielmehr machte er ihnen weis, dass das Geschäft doch nicht so hohe Renditen abwarf, wie erwartet. Es wären leider nur rund 4 Prozent gewesen, die er ihnen mit ihrer Investition zurückzahlen würde. Er selbst investierte keinen Euro in das Geschäft, wohl wissend, dass alles auch hätte schiefgehen können, wenn es vorzeitig herausgekommen wäre, dass die liebe Bank, die nun dem Bayerischen Steuerzahler gehörte, brutal marode war. Das kam aber erst heraus, als die Unterschriften unter die Verträge gerade trocken waren und alle Insider ihr Geschäft gemacht hatten. Als sich einer seiner Investoren bitter beschwerte, lud er ihn in die besagte Jagdhütte ein.
»Hans, du host doch g’sacht, mir grieng fuchzehn Prozent oder mehr. Unn etzalla sinn des bloß vier. So geht des fei net. Host du uns am End beschiss’n?«
»Korla, etz bass auf. Ich bescheiss niemanden. Des iss halt net so g’laufen, wie ich gedacht hobb. Etz sei froh, dass mer kan Verlust g’macht ham. Immerhin, vier Prozent sinn doch a wos, in der kurzen Zeit.«
»Verlust? Du spinnst doch. Du host g’sacht, des iss 100 Prozent wasserdicht. Ich will etz mei Geld!«
»Korla, Korla. Ich soch der wos. Du konnst froh sei, wenn ich dir überhaupt wos zurückgeb. Host du a Babier, irgend an Babberdeggl, dass ich dei Geld g’riecht hobb? He? Und wo issn des herkumma, dei Geld? He? Geh halt zur Polizei und soch denen ›der Gerber Hans gibt mer mei Schwarzgeld nimmer zurück‹, Korla, die werr’n sich fraia und bei dir klicken die Handschelln. Ich soch der wos, du nimmst des Geld etz und dann lodt ich dich a mol zu einer vo meine Bardies ei, do konnst dann a mol so a junga Blondine, so a Luxusnuddn figg’n, host eh noch nie so an Genuss g’habt. Und etz schleich di naus, Kaschber!«
Mit diesen Worten öffnete der Gerber Hans die Tür, nahm den Korla fest am Arm und drängte ihn hinaus.
Er selbst hatte bei dem Geschäft also 900.000 Euro gemacht, ohne Risiko und ohne Steuern hier in Deutschland. Im Gegenteil, die Grund & Boden GmbH konnte die 2,5 Millionen auch noch bei der Steuer als Betriebsausgaben ansetzen. Der Deal wurde in der Jagdhütte kräftig gefeiert.
Mit schönen jungen Damen und viel Champagner, aber ohne den Korla.
So sind die Regeln der Finanzwirtschaft.
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